„Du bist nicht gut genug.“
„Das schaffst du nie.“
„War ja klar, dass das nicht klappt.“
„Mit dir will niemand etwas zu tun haben.“
“Ich bin an allem schuld. Immer mache ich alles kaputt.”
“Ich bin einfach nicht gut genug.”
Sicher kennst du diese innere Stimme, die nie zufrieden mit dir ist und oft so überzeugend ist, dass du ihr jedes Wort glaubst.
Der innere Kritiker ist ein Begriff, der verwendet wird, um die negativen Selbstgespräche zu beschreiben, die viele Menschen erleben. Es ist die Stimme in unserem Kopf, die uns sagt, dass wir falsch sind, nicht gut genug sind, dass wir fehlerhaft sind oder dass wir Liebe und Respekt nicht verdienen.
Die Eigenschaften des inneren Kritikers können von Person zu Person variieren, aber es gibt einige gemeinsame Merkmale, die viele Menschen erleben. Der innere Kritiker neigt dazu, hart, kritisch und wertend zu sein und verwendet oft eine Sprache, die erniedrigend und verletzend ist. Es kann auch unerbittlich sein und uns ständig an Fehler und vergangenen Fehler erinnern. Der innere Kritiker kann durch jedes wahrgenommene Versagen oder jeden noch so kleinen Fehler ausgelöst werden, was zu einem ständigen Gefühl von Selbstzweifeln und Angst führt. Der innere Kritiker nutzt aber nicht nur Worte und Sätze, sondern auch Blicke und abwertende Gesten sowie andere Rückmeldungen wie Räuspern oder genervtes Atmen.
Die negativen Auswirkungen des inneren Kritikers auf das Selbstwertgefühl und die psychische Gesundheit sind erheblich. Es wirkt so, als würden wir uns selber (ins Gesicht) schlagen. Das muss uns klar sein. Stell dir vor, du würdest so mit deinem eigenen Kind umgehen, und das den ganzen Tag lang und Tag für Tag. Oder, wenn du keine Kinder hast, du würdest so mit deinen Nichten und Neffen oder einem Nachbarskind umgehen. Wie würde sich dieses Kind entwickeln? Was hätte dieser Umgang für Auswirkungen auf den Selbstwert des Kindes? Wenn du nun traurig wirst über meine Fragen, dann hast du es verstanden. Denn es ist einfach nur traurig und zum Weinen, was der innere Kritiker mit uns macht. Und somit wir mit uns selbst machen.
Warum entsteht der innere Kritiker?
Frühe Traumata können einen erheblichen Einfluss auf die Entwicklung unseres inneren Kritikers haben. Untersuchungen zum Einfluss biologischer und umweltbedingter Faktoren auf das Wachstum von Kindern legen nahe, dass ein frühes Trauma eine gesunde emotionale Entwicklung stören kann, was zu einer negativen Selbstwahrnehmung und Selbstkritik im Erwachsenenalter führt.
Daher ist es wichtig, die Rolle des frühen Traumas bei der Entwicklung des inneren Kritikers zu verstehen.
Scham und Selbstvorwürfe sind Schlüsselkomponenten des inneren Kritikers. Menschen, die ein Kindheitstrauma erlebt haben, können Gefühle von Scham, Schuld und Selbstvorwürfen verinnerlichen, was zu einer anhaltenden inneren Stimme führt, die sie kritisiert und herabsetzt. Der innere Kritiker kann toxische Scham einerseits selbst auslösen, wird aber selbst auch von toxischer Scham ausgelöst oder verstärkt.
Der innere Kritiker kann als Überlebensstrategie angesehen werden, die sich als Reaktion auf ein frühes Trauma entwickelt hat. Das Erkennen der Rolle von Scham und Selbstvorwürfen bei der Entwicklung des inneren Kritikers ist ein wichtiger Schritt, um seine Auswirkungen zu bewältigen und Selbstmitgefühl zu fördern.
Emotionale Vernachlässigung in der Kindheit ist ein weiterer Faktor, der zur Entwicklung des inneren Kritikers beitragen kann. Emotionale Vernachlässigung tritt auf, wenn die emotionalen Bedürfnisse eines Kindes nicht erfüllt werden, was zu Gefühlen der Wertlosigkeit und Selbstzweifeln führt. Diese Gefühle können sich als kritische innere Stimme manifestieren, die das Selbstwertgefühl und das Selbstvertrauen untergräbt. Das Verständnis der Verbindung zwischen emotionaler Vernachlässigung in der Kindheit und dem inneren Kritiker kann helfen, die Ursachen negativer Selbstgespräche zu erkennen und auf Heilung und Selbstakzeptanz hinzuarbeiten.
Der innere Kritiker ist veränderbar
Der innere Kritiker ist nicht immer gleich stark und mit ein paar Tipps kannst du lernen, besser mit negativen und limitierenden Gedanken umzugehen. Unsere Gedanken sind veränderbar und wir haben Einfluss auf sie, wenn wir bewusst damit arbeiten. Dennoch: Sobald der negative Dialog mit uns selbst beginnt, vergessen wir meist, dass es nur Gedanken sind. Wir identifizieren uns mit ihnen und internalisieren sie.
Heilung des inneren Kritikers durch Selbstmitgefühl, Wissen und Therapie
Es hat sich jedoch gezeigt, dass Selbstmitgefühl ein mächtiges Werkzeug ist, um den inneren Kritiker zu heilen. Durch die Kultivierung von Selbstmitgefühl können wir lernen, uns mit Freundlichkeit und Verständnis zu behandeln. Die wichtigen Schritte dabei:
Beobachten und Aufschreiben
Setz dich für 10 Minuten ohne Ablenkung hin und höre in dich hinein. Nach kurzer Zeit tauchen wahrscheinlich die ersten negativen Gedanken deines inneren Kritikers auf. Deine Aufgabe ist es nun, dies zu Papier zu bringen. Schreib all diese negativen Gedanken auf, die dir durch den Kopf gehen. Es mag sein, dass dein innerer Kritiker in Wortwahl und Stimme verdächtig nach einem Elternteil von dir klingt.
Erinnerst du dich an typische Aussagen von deinen Eltern, die ins Schema deines inneren Kritikers passen?
Was sind heute typische Sätze oder Gesten deines inneren Kritikers, mit denen er dir immer wieder das Leben schwermacht?
In welchen Situationen und bei welchen Personen beschimpft dich dein innerer Kritiker besonders stark?
Abstand. Die Stimme nach Außen bringen (externalisieren).
Gewinne Abstand. In der Traumatherapie gibt es gute Hilfsmittel, dieser Stimme einen Namen, eine Form und ein Gesicht zu geben. Vielleicht gelingt es dir auch, dies alleine zu tun.
Dadurch, dass wir diese Stimme externalisieren und sozusagen aus uns herausbringen, bekommen wir die Möglichkeit, mit der kritischen Stimme in Konversation zu treten. So darf es auch immer klarer werden: Dieser innere Kritiker bin nicht ich. Eine alte Stimme, die in mir verkörpert ist; die Stimmen meiner Eltern oder Betreuungspersonen. Unter Umständen sind es sogar Täterintrojekte. Das Negative, das auf uns projiziert worden ist, haben wir in uns reingenommen. Diese Stimme gehörte ursprünglich nicht zu uns. Wir brauchen etwas Abstand zwischen uns und dem inneren Kritiker, das ist ein wichtiger Schritt. Solange wir uns komplett mit der kritischen Stimme identifiziere, haben wir keine Chance einzugreifen oder die Stimme freundlicher werden zu lassen.
Somit ist Distanz zum eigenen inneren Kritiker Grundvoraussetzung (ein Prise-Humor könnte dabei auch helfen), um mit diesem Teil umgehen zu lernen. Manchmal ist Humor wirklich gut, denn es geht vor allem darum, heute eine erwachsene Distanz zum ursprünglichen inneren Kritiker zu bekommen, der ja in der Vergangenheit entstanden ist.
Was will der innere Kritiker überhaupt? Er will schützen.
Dieser Teil ist ja nicht einfach aus einer Laune heraus entstanden. Meistens ist der Teil entstanden, weil er uns vor etwas schützen möchte. Er glaubt, ganz genau zu wissen, wer du bist, was du kannst, was du darfst und was nicht. Im ersten Moment mag es dir schwerfallen, in den Attacken deines inneren Kritikers eine gute Absicht zu erkennen.
Paradoxerweise ist das, was er dir an den Kopf wirft, das, wovor er dich schützen will. Wenn er dir zuraunt, dass du dich bei deinem Vortrag blamierst, hat er genau davor Angst.
Es ist tatsächlich so: Er will uns schützen davor, dass wir zu laut werden. Oder davor, dass wir uns lächerlich machen. Oder, dass jemand uns die Liebe entzieht. In den Sitzungen fragen meine Klienten ihre Anteile: "Wie bist du entstanden, wovor möchtest du mich beschützen?" Vielleicht gelingt es dir ja auch, das alleine zu machen und du bekommst eine Antwort, mit der du etwas anfangen kannst.
Wie der innere Kritiker entwaffnet werden kann.
Dem inneren Kritiker sagen, dass du ihn verstehst. Das nimmt dem Teil die Angriffslust. "Danke, dass du mich hast beschützen wollen." So bekommen wir eine gesunde Klarheit, damit immer mehr die Identifizierung mit diesem Teil aufhören kann. So können immer besser erkennen, woher der Teil kam und was seine Aufgabe war.
Die zwei extremen Formen sind, dass wir uns schämen, dass es uns gibt und dass wir Schuldgefühle haben, für etwas, wofür wir überhaupt nicht schuldig sind.
Sich selber mehr loben und Freude haben, wenn etwas gut gelingt.
Wenn ein Projekt oder eine Aufgabe abgeschlossen ist, freue dich und feier deinen Erfolgt. Und nicht einfach zum nächsten Projekt gehen. Sondern ganz bewusst Freude haben an einem kleinen oder großen Erfolg. Das dürfen wir lernen.
Das mache ich dann auch gleich, wenn der Artikel fertig geschrieben ist. ;-)
Werde dir bewusst darüber, dass gerade dein innerer Kritiker zu dir spricht. Damit ist ein großer Schritt getan. Durch Selbstmitgefühlspraktiken kannst du beginnen, die negativen Selbstgespräche des inneren Kritikers herauszufordern und eine positivere und nährende innere Stimme zu entwickeln.
Durch professionelle Begleitung ist es leichter, die zugrunde liegenden Ursachen des inneren Kritikers zu erforschen und Strategien zu entwickeln, um damit umzugehen. Darüber hinaus kann eine traumafokussierte Therapie besonders nützlich für Personen sein, deren innerer Kritiker durch ein frühkindliches Trauma entstanden ist. Durch die Zusammenarbeit mit einem Therapeuten können Betroffene lernen, ihre negativen Selbstgespräche neu zu gestalten und einen mitfühlenden und unterstützenden inneren Dialog zu entwickeln.
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